Verändert Big Data in Zukunft unseren Fahrstil? Wird Datenschutz im Verkehrsalltag aufpreispflichtig? Ab 2018 sollen alle Neuwagen in der EU mit einem automatischen Notrufsystem namens E-Call ausgestattet werden. Sobald ein Airbag ausgelöst wird, wird automatisch eine Verbindung zum 112-Notdienst aufgebaut. 46% der deutschen Bevölkerung zwischen 30 und 59 wünschen sich dies (Allensbach-Umfrage). Durch die frühe Kommunikation und das schnellere Auffinden sollen jährlich etwa 2500 Todesfälle EU-weit verhindert werden. Das ist natürlich fantastisch. Es werden zwar nur Art des Treibstoffs, Fahrzeugklasse, Zeit des Unfalls und der Ort übertragen, allerdings hat E-Call eine offene Schnittstelle die die Fahrzeughersteller oder Versicherungen für sich nutzen können. So erlaubt die E-Call-Regelung, dass der automatische Notruf von einem parallelen Notrufsystem des Autoherstellers gesendet werden kann. Für die offene Schnittstelle und das parallele Notrufsystem gelten natürlich dann nicht mehr die strengen Datenschutzbestimmungen von E-Call. Zwar muss dafür ein Einverständnis des Fahrers vorliegen, aber überblickt dieser wirklich, dass er mit dem Kauf des Infotainment-Systems einwilligt, dass Daten, wie zum Beispiel sein Fahrstil, möglicherweise auch an Drittanbieter gesendet werden? Das ist zu bezweifeln.
Doch einige Fahrer stört dies offensichtlich auf bei vollem Bewusstsein nicht. Laut einer Studie von Tower-Watson 51% der Deutschen Autofahrer für sog. Telematik-Versicherungstarife: Das sind Versicherungsverträge, deren Beitragshöhe sich mittels eines im Auto eingebauten Messgeräts senken lässt. So bietet Sijoux, ein Sub-Unternehmen der Signal Iduna, einen Tarif an, der die Versicherungsprämie anhand der G-Kraft im Auto bemisst. Starkes Beschleunigen, schnelle Kurvenfahrten und eine Vollbremsung verschlechtern den eigenen „Score“. Bei einem guten Score sind jedoch bis zu 25% Rabatt am Jahresende möglich (nur für Fahrer bis 30 Jahre). Die Sparkasse bietet einen viel bedenklicheren Telematik-Tarif an: S-Drive. Dieser berücksichtigt Fahrzeit, zurückgelegte Kilometer, Geschwindigkeitsüberschreitungen und das Bremsverhalten. Um möglichst einen Rabatt von 5% im nächsten Versicherungsjahr zu erhalten, sollte man die vorgeschriebene Geschwindigkeit nicht um mehr als 9 km/h überschreiten, sowie am besten keine Nachtfahrten oder Stadtfahrten zurücklegen. Diese Telematik-Tarife sind aber nicht einfach nur eine nette Alternative für vorsichtige Fahrer auf dem Land. In den USA ist inzwischen jeder siebte Neuvertrag ein Telematik-Tarif, da bis zu 30% Rabatt möglich sind. Doch wozu führt das? Es sammeln sich viele vorsichtige Fahrer bei den Telematik-Tarifen, und die normalen Tarife werden dadurch teuerer: Schließlich werden Nachtfahrer, Raser und Stadtfahrer sich kaum von einem Telematik-Gerät kontrollieren lassen.Außer sie ändern ihren Fahrstil. Das ist trotzdem ein Problem: In Zukunft werden Autofahrer die sich weigern ihre Daten weiterzugeben wahrscheinlich dafür einen Aufpreis zahlen müssen. Sogar wenn Sie eigentlich vorsichtige Verkehrsteilnehmer sind. Bedenklich.